„Wir müssen Rüstung ganzheitlich denken!“

Planbarkeit, Performance und Partnerschaften: Entlang dieser drei „P“ beschrieb Thomas Gottschild am 24. Januar auf der Handelsblatt Konferenz Sicherheit und Verteidigung in Berlin, wie Politik, Bundeswehr und Industrie gemeinsam die Zeitenwende umsetzen können. In seiner Rede „Die Zeitenwende aus Sicht der Verteidigungsindustrie“ gab er einen Impuls für eine der acht hochrangig besetzten Diskussionsrunden zur Zeitenwende.

Planbarkeit

„Wir müssen Rüstung ganzheitlich denken, die Bremse lösen und entschlossen, zielgerichtet und zügig handeln.“, so Thomas Gottschild zu Beginn seines Vortrags. Planbarkeit sei dafür eine von drei Voraussetzungen. Die deutsche Industrie möchte ihren Beitrag zur Zeitenwende leisten und sei in der Lage, ihre Produktions- und Lieferfähigkeit zu erhöhen. Gleichzeitig benötige die Industrie aber auch eine verlässliche Planungsgrundlage in den wesentlichen Themen, um die notwendigen hohen Investitionen tätigen zu können. „Im Rüstungsbereich muss unternehmerisches Engagement durch politische Verbindlichkeit unterstützt werden“, hob Thomas Gottschild hervor.

Performance

Zweitens müsse die Performance gesteigert werden. Es brauche einen neuen Beschaffungs-Modus, um schneller Lösungen realisieren zu können. Dazu gehöre unter anderem eine Entbürokratisierung der Vertragsgestaltung, mehr zeitnah verfügbare Anfangsbefähigungen, anstatt vermeintlich perfekter 100%-Lösungen, die vorzeitige Auslösung von vertraglich vereinbarten Optionen sowie die Priorisierung von Wartungsmaßnahmen für vorhandene Systeme wie TAURUS, um den Bestand von Munition zu erhalten.
„Wir müssen das von der Bundesregierung ausgerufene „Deutschland-Tempo“ im Energiebereich auch für die Rüstungspolitik anwenden“, zog Thomas Gottschild den Vergleich: „Wir alle haben gesehen: Innerhalb weniger Monate wurden jahrzehntealte Knoten durchschlagen, Planungs- und Genehmigungsverfahren vereinfacht und Prozesse massiv beschleunigt.“

Partnerschaften

Als dritte Säule können kluge Partnerschaften die Zeitenwende beschleunigen und die Beschaffung stärken. Nach einer Berechnung des BMVg aus dem Jahr 2021 koste die mangelnde Zusammenarbeit innerhalb der EU jährlich über 25 Milliarden Euro. Das Beispiel MBDA Deutschland zeige, dass Kooperation die Entwicklung von Technologien fördere, Kosten reduziere, Vertrauen schaffe und die Interoperabilität und Schlagkraft der gemeinsam operierenden Streitkräfte von Partnernationen erhöhe.
Ein entscheidender Beitrag zur Munitionsbevorratung sei zudem der Aufbau von „Missile Hubs“, wie Raytheon und MBDA sie bei Patriot vorantreiben. „So können wir die industriellen Fertigungskapazitäten verdoppeln, deutsche Wertschöpfung steigern und den Bedarf für Deutschland und europäische NATO-Partner dauerhaft decken“, erläuterte Thomas Gottschild. Auch für METEOR und BRIMSTONE würden solche Hubs vorbereitet.

Am Ende seines Beitrags stellte Thomas Gottschild einen klaren Appell: „Der 24. Februar 2022 war ein Weckruf. Wir dürfen jetzt nicht nochmal auf die Schlummertaste drücken. Lassen Sie uns den derzeitigen Gestaltungswillen nutzen, damit aus einer Vielzahl von Einzelinteressen ein gemeinsames Interesse entsteht: Die bestmögliche Ausrüstung für unsere Soldatinnen und Soldaten zu gewährleisten – und das so zügig wie möglich.“