Hurricane über Freinhausen

Transporthubschrauber CH53 im Einsatz mit deutschem PATRIOT-System

Es war eine Testkampagne, die viel Staub aufwirbelte: Am 16. September landete erstmals ein CH-53 Transporthubschrauber (Spitzname „Hurricane Maker“) der Bundeswehr auf dem MBDA Testzentrum in Freinhausen. Dort testeten vom 8. bis 17. September MBDA, das Flugabwehrraketengeschwader 1 und weitere Dienststellen die neue Freund-Feind-Erkennung und das nächste Software-Release für die deutschen PATRIOT-Luftverteidigungssysteme gegen elektronische Störmaßnahmen.

Neue Software-Version besteht im elektronischen Kampf

Bei den Versuchen verglich das Testteam die Wirkung von elektronischen Störmaßnahmen auf ein Radar mit der eingeführten Systemsoftware und eines mit der zukünftigem Software-Version, die gegen die neueste Störtechnik, der Digital Radar Frequency Modulation (DRFM), gehärtet ist.

Die Störmaßnahmen führten zwei Learjets der Gesellschaft für Flugzieldarstellung durch, die in sieben Flugfenstern zu jeweils zwei Stunden die Radare mit unterschiedlichen Störprofilen anflogen. Dafür mussten zunächst Experten der Wehrtechnischen Dienststelle 81 und des Zentrums Elektronischer Kampf die Soft- und Hardware der eingesetzten Störsysteme, sogenannte Low Band Pod Jammer, am Boden in naher Distanz zu den Radaren justieren und vorprogrammieren.

Um die Emissionen der Radare zu vermessen, kam neben den Datenaufzeichnungs- und Analysesystemen des Testzentrums auch das VESTA System der Zentralen Untersuchungsstelle der Bundeswehr für technische Aufklärung zum Einsatz.

Neue Freund-Feind-Erkennung bewährt sich unter Störmaßnahmen

Eingebettet in die Tests waren Untersuchungen zur neuen Freund-Feind-Erkennung des Waffensystems mit einem neuen Abfragegerät, das als Interrogator bezeichnet wird und mit Mode 5 den neuesten Stand der Technik nutzt. Auch hier verifizierte die Wehrtechnische Dienststelle zuerst am Boden die Kommunikation mit einem Responder. Dieses System wird in fliegende Plattformen verbaut und gibt dem Interrogator zu erkennen, um welchen Typ, sprich Freund oder Feind, es sich handelt. Die endgültige Vermessung im Flug wurde durch einen hierfür umgerüsteten Helikopter CH-53 des Hubschraubergeschwaders 64 durchgeführt.

Bernd Lutz, Projektleiter für die Tests bei MBDA, hebt hervor: „Die anspruchsvollen, aber erfolgreichen Tests haben wichtige Ergebnisse für die Abnahme und Einführung des Software-Release und der Freund-Feind-Erkennung geliefert. Die Landung des Transporthubschraubers auf dem Gelände des Testzentrums in Freinhausen war für alle Teilnehmer ein zusätzliches Highlight.“ Die US-Version des CH-53 Transporthubschraubers wird auch als Hurrikan Maker bezeichnet, da bei Start und Landung große Mengen an Staub aufgewirbelt werden.

Oberstleutnant Poersch, Angehöriger der Taktisch technischen Verfahrensgruppe (TTVG) des Flugabwehrraketengeschwaders, übernahm für die Bundeswehr die Testleitung und koordinierte die Versuche aus dem Testzentrum der Test- und Referenzanlage (kurz TuRA) heraus.

„Durch das professionelle Zusammenwirken der einzelnen Truppenteile und des MBDA Teams konnten wir unsere Testziele erreichen und wertvolle Erkenntnisse gewinnen, die wiederum in die Weiterentwicklung und Ausbildung einfließen“, sagt Oberstleutnant Poersch. „An der Test- und Referenzanlage haben wir ein Kooperationsmodell zwischen Bundeswehr und Industrie etabliert, das eine schnelle und effiziente Weiterentwicklung des PATRIOT Systems ermöglicht und damit ein gutes Bespiel für eine vertrauensvolle und zielführende Zusammenarbeit ist.“

Für die aktuellen Versuche rüstete das PATRIOT-Team von MBDA neue Hardware in den Feuerleitstand der TuRA ein. Das Flugabwehrraketengeschwader stellte zusätzliche PATRIOT-Systemeinheiten, die in die Testumgebung integriert wurden. An den Tests, die unter strengen Corona-Auflagen stattfanden, nahmen 25 Soldaten und Behördenvertreter, sowie 10 Mitarbeiter von MBDA teil.

Die TuRA ist das Herzstück des Testzentrums

Die Test- und Referenzanlage für die PATRIOT-Systeme der Luftwaffe wird von MBDA in seinem Testzentrum für integrierte Luftverteidigung in Freinhausen auf einer ehemaligen HAWK-Stellung betrieben. In den letzten Jahren hat MBDA in den Ausbau der Gebäude- und Testinfrastruktur investiert, was sich bei den aktuellen Versuchen erneut bewährt hat.

„Die für das Testteam zusammengeführte Lagedarstellung aus zwei Feuerleitständen und einer Kampfführungskabine an mehreren Arbeitsplätzen im neuen PATRIOT Testbed hat die Durchführung und Auswertung der Versuche maßgeblich unterstützt und erleichtert“, so Hans-Jürgen Wiesemann, Leiter PATRIOT Waffensystem bei MBDA. 

Das moderne Testzentrum für integrierte Luftverteidigung feiert nächstes Jahr sein 10-Jähriges Jubiläum. Es soll zukünftig auch dafür genutzt werden, um die Entwicklung eines neuen Taktischen Luftverteidigungssystems der Bundeswehr zu unterstützen, das die in den 80er Jahren eingeführten PATRIOT Systeme ab 2030 ablösen soll.